Ende September 2015 war es soweit:
Die European Color Initiative (ECI) gab die Farbprofile für die neuen Druckbedingungen Fogra 51 und Fogra 52 offiziell frei. Dies, nachdem die Arbeitsmittel im Projekt «Fred 15» einem umfangreichen Feldtest unterzogen und im Detail weiter optimiert worden waren.
Die Basis für die neuen Druckbedingungen bilden die bereits ein paar Jahre zuvor revidierten ISO-Normen (siehe Kasten). Ein Auslöser für diese Anpassungen war unter anderem die wachsende Kluft zwischen den in der vorherigen Norm definierten Sollwerten für das Papierweiss und den tatsächlichen Eigenschaften der heute am häufigsten verdruckten Papiersorten.
Optische Aufheller im Papier
Nicht zuletzt durch den allgegenwärtigen Kostendruck in der Branche hat eine Verlagerung stattgefunden – inzwischen werden meist hochweisse, mit optischen Aufhellern «geschönte» Papiere eingesetzt. Das neutrale Bilderdruckpapier, auf dem die bisherige Druckbedingung Fogra 39 für den Bogenoffsetdruck auf gestrichene Papiere beruht, ist schon geraume Zeit gar nicht mehr im Handel erhältlich.
Bei den optisch aufgehellten Papieren wird der durch ultraviolettes Licht (UV) angeregte Fluoreszenzeffekt bei der Messung nach dem alten Standard nicht oder zu wenig berücksichtigt. Dies kann beim visuellen Vergleich von Proof und Auflagendruck zu auffälligen Abweichungen in der Farbwiedergabe führen, je nachdem, ob und wie viel UV das Betrachtungslicht enthält. In diesem Punkt war die vorherige Version der entsprechenden Norm zu unspezifisch. Die Lichtquellen – sowohl in Farbmessgeräten als auch in Normlichtkabinen für die Abmusterung – hatten deshalb in der Regel nur einen sehr geringen UV-Anteil, der kaum die Fluoreszenz in optisch aufgehellten Papieren anzuregen vermochte. Stimmten Proof und Druck unter solchem Licht überein, sah der Druck auf einem optisch aufgehellten Papier unter UV-haltigem Tageslicht jedoch plötzlich deutlich blauer aus als der Proof auf ein nach der bisherigen Norm übliches Papier ohne optische Aufheller. Das konnte bei Kunden verständlicherweise zu Irritationen führen.
Messbedingung M1 mit UV
Um der Fluoreszenz Rechnung zu tragen, sind die Spezifikationen der Messbedingungen verfeinert worden. Insbesondere wird nun unterschieden zwischen der Messung ohne bzw. mit UV-Anteil und folglich auch ohne bzw. mit Anregung der Fluoreszenz, falls das Papier optische Aufheller enthält. Die neue Messbedingung M1 mit einem vorgeschriebenen UV-Anteil sorgt für eine verbesserte Übereinstimmung der spektralen Zusammensetzung des künstlichen D50-Normlichts mit Tageslicht entsprechender Farbtemperatur.
Entsprechend der Messbedingung M1 muss auch das Betrachtungslicht für die visuelle Beurteilung von Proofs und Drucken einen festgelegten UV-Anteil enthalten, damit die Farbwiedergabe Fluoreszenzeffekte berücksichtigt. So verhalten sich dann die Messtechnik und die visuelle Prüfung konsistent. Das heisst, wie es Eddy Senn aus der Projektgruppe Fred 15 in einem Fachreferat auf den Punkt brachte: «Wir messen, was wir sehen.» Zudem verringern sich durch den UV-Anteil im Abmusterungslicht auch die allfälligen Unterschiede in der Wahrnehmung der Farbwiedergabe auf optisch aufgehellten Papieren bei einem Vergleich unter Tageslichtbedingungen.
Neue Druckkennlinien
In der eigentlichen Drucknorm ISO 12 647-2 in der aktuellen Version von 2013 sind alte Zöpfe abgeschnitten worden, die noch aus der Ära der Filmbelichtung stammen. Die Tonwertzunahmekurven für die standardisierten Papiertypen sind jetzt so definiert, dass sie weitgehend dem natürlichen Verhalten der Druckmaschinen mit linear belichteten Platten entsprechen. Dies soll einerseits generell die Kalibrierung des Prozesses vereinfachen und anderseits auch den Umgang mit Papieren, die nicht der Norm entsprechen. Denn so etwas gibt es schliesslich auch.
In der neuen Norm ebenfalls anders sind die Sollwerte für die Farborte der Volltöne. Im Vergleich zu den bisherigen Profilen decken die Farbräume der neuen Version 3 unter anderem ein wenig mehr dunkle Blautöne ab. Für gestrichene Papiere bietet die ECI nur noch ein einziges Profil an; sein maximaler Gesamtfarbauftrag bei der Separation beträgt 300%.
Anpassungen beim Proofen
Die Anpassung des Weisspunkts an optisch aufgehellte Papiere bedingt zum Proofen nach der neuen Norm zwingend auch neues Proofpapier mit passender optischer Aufhellung sowie ein spektrales Messgerät, das die neue Messmethode M1 mit UV-Anteil beherrscht. Weiter muss auch die Beleuchtung an Normlicht-Arbeitsplätzen entsprechend den neuen Vorgaben umgerüstet oder ersetzt werden, damit auch hier ein ausreichend hoher UV-Anteil zum Tragen kommt.
In der Übergangsphase zahlt sich eine medienneutrale Datenaufbereitung aus, weil sich die Daten so wahlweise nach dem bisherigen oder dem neuen Standard als PDF ausgeben und proofen lassen. Bei den Geräten ist häufiges Wechseln zwischen den Normen nicht zu empfehlen, weil dann jedes Mal das Proofpapier gewechselt, der Workflow auf das andere Profil umgestellt und für die Auswertung des Medienkeils die Messmethode im Spektralfotometer geändert werden muss. Da passieren leicht Fehler. Besser beschränkt man sich auf eine Version oder verwendet separate Geräte zum Proofen nach PSO v2 und PSO v3.
Anpassungen beim Druck
Aufgrund der neuen Tonwertzunahmekurven und Vollton-Farborte muss der gesamte Prozess bei der Umstellung auf PSO v3 neu kalibriert werden.
Dies ist mit einigem Aufwand verbunden, sodass es sich anbietet, vorher die Produktion nach weiteren Möglichkeiten zur Prozessoptimierung zu durchleuchten. Ein nützliches Hilfsmittel, um eine Druckmaschine beim Einrichten rasch «in Farbe» zu bringen, ist ein Graubalance-Kontrollkeil.
Die ECI bietet selbst vier Ausführungen an, und weitere Anbieter wie System Brunner und PQF Imaging arbeiten mit ähnlichen Kontrollelementen. Bei den bisherigen Keilen von Heidelberg fehlt leider ein solcher visueller Vergleich zwischen Bunt- und Echtgrau, der auf einen Blick falsche Tonwertzunahmen sowie Farbstiche im Mittelton auch ohne Messgerät aufdeckt.
Die in der neuen Norm vorgegebenen Papiertypen liegen bezüglich ihres Farbtons näher an gängigen Sorten, jedoch fallen stark aufgehellte Papiere mit tiefem b*-Wert für das Papierweiss nach wie vor aus der Toleranz. Für eine allfällige Zertifizierung nach PSO v3 ist die Wahl einer Sorte von Vorteil, die möglichst genau zur Norm passt. Ab wann solche Zertifizierungen angeboten werden, war bis Redaktionsschluss nicht bekannt.
Die Umsetzung der neuen Normen in den Betrieben wird Zeit brauchen. Deshalb werden angelieferte Druckdaten fallweise auch konvertiert werden müssen. Für diesen Zweck liefert die ECI für beide Richtungen Device-Link-Profile mit (mehr dazu). Diese kompensieren lediglich die unterschiedlichen Tonwertkurven, nicht aber die Farbwiedergabe.
Ausblick
Ob und wie schnell sich die neuen Profile für PSO v3 «in der freien Wildbahn» durchsetzen, ist schwer abzuschätzen. Richtig eingesetzt bietet der neue Standard gewisse praktische Vorteile, auch wenn in anderen Punkten das vorhandene Verbesserungspotenzial nicht genutzt oder ausgeschöpft worden ist. Aus Fachkreisen ist zu vernehmen, dass konservative Kräfte in den Gremien viel Einfluss haben.
Für den Wechsel von Fogra 39 auf Fogra 51 hat die ECI eine Übergangsfrist von zirka zwei Jahren angedacht. Das mutet etwas zweckoptimistisch an, kursieren doch auch heute, Jahre nach der Freigabe von Fogra 39, da und dort noch immer Daten nach dem vorherigen Standard Fogra 27. Zudem erfordert der Wechsel diesmal grössere und damit kostspieligere Änderungen am Workflow und an der Infrastruktur. Auf der anderen Seite ist davon auszugehen, dass Grosskunden mit hohen Ansprüchen – etwa Autokonzerne, Hersteller von Kosmetika und Luxusgütern – relativ bald Druck auf die Dienstleister aufbauen werden, damit die Produktion auf den neuen Standard umgestellt wird. Dies dürfte dann in der grafischen Branche eine gewisse Sogwirkung entfalten.
ISO-Normen
Für die Neuerungen im Prozess-Standard Offsetdruck (PSO) und für die Qualitätskontrolle sind namentlich die folgenden Normen relevant:
- ISO 12 647-2:2013 – Offsetdruck; neue Tonwertkurven, abgestimmt auf die digitale Plattenbelichtung
- ISO 13 655:2009 – Spektrale Farbmessung; neue Messbedingung M1 mit festgelegtem UV-Anteil für genauere D50-Charakteristik
- ISO 3664:2009 – Normlicht zur Farbabmusterung muss neu einen bestimmten Anteil UV enthalten
Links
Bezugsquellen zum Herunterladen und für weitere Informationen:
- Profile PSO v3 von der European Color Initiative (ECI) www.eci.org/de/downloads
- Charakterisierungsdaten und Sollwerte für Medienkeil CMYK v3 von der Fogra Forschungsgesellschaft Druck e.V. www.fogra.de(unter Standardisierung > Charakterisierungsdaten > Download)
- Videotutorials zu PSO v3 in den Ausgaben 2015-04 und 06 von www.com2publish.ch (teilweise nur mit separatem Abo).
Die neuen Profile
PSO Coated v3
- Gemäss Fogra 51 für Premium gestrichenes Papier (matt oder glänzend gestrichenes Bilderdruckpapier mit moderaten optischen Aufhellern)
- Papierweiss Lab = 95/1,5/–6
- Gesamtfarbauftrag (GFA) 300%
- Maximum Schwarz: 96%
- Tonwertzunahmekurve 2013-A (16% bei Eingangswert 50%)
PSO Uncoated v3
- Gemäss Fogra 52 für holzfreies, ungestrichenes weisses Papier (Naturpapier mit vielen optischen Aufhellern)
- Papierweiss Lab = 93,5/2,5/–10
- GFA 300%
- Maximum Schwarz: 96%
- Tonwertzunahmekurve 2013-C (22% bei Eingangswert 50%)
Der Autor
Eric A. Soder ist diplomierter Techniker HF Polygrafie und Fotograf vfg. Er konzipiert, bebildert und designt Kommunikationsmittel, vor allem für den Druck; als Berater und Fachautor ist er spezialisiert auf Digital Imaging und Farbmanagement.
Die Farbkonvertierung von RGB oder CMYK in die neuen Standards funktioniert mit den herkömmlichen ICC-Profilen leider nicht.
für einen perfekte Farbraumkonvertierung empfehlen wir die Produkte GMG PlugIN und GMG ColorServer.
Hier finden Sie weiterführende Informationen zu der richtigen Umrechnung der Standards mit Device-Link-Profilen.